Samstag, 20. Juli 2013

"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht..." - Vom glücklichen Ende eines großartigen Abenteuers


Gestern hatten wir einen wunderbaren Erholungstag in Lone Pine. Wir sind den letzten heftigen Anstieg, die Whitney Portal Road, nochmal hochgefahren und haben dort oben ein wenig die Seele baumeln lassen. Hajo realisiert langsam was er geschafft hat und verarbeitet die vielen tiefen Eindrücke, das wird aber vermutlich noch eine ganze Weile dauern. Momentan entwickelt er einen Bärenhunger und ich staune mal wieder, wieviel ein Mensch verdrücken kann.

Julia und Jens haben sich bereits vom Frankfurter Flughafen gemeldet, sie sind gut zurückgekommen. Nach den intensiven Tagen war es seltsam, sich verabschieden zu müssen, aber wir freuen uns schon sehr auf die Bilder von Julia.

Heute morgen haben wir mit dem Rückweg begonnen und sind ganz langsam und gemütlich von Lone Pine über das Death Valley nach Las Vegas gefahren.  Es war beeindruckend, die ganze gewaltige Strecke mit ihren heftigen An- und Abstiegen, den Sanddünen und Hochebenen, den Salzseen und Lavafeldern, den atemberaubenden Aussichtspunkten und mineralbunten Bergketten an sich vorbeileiten zu lassen. Sich daran zu erinnern, wie man am Straßenrand gewartet hat, dass Läufer in der flirrendheissen Luft auftauchen und die Freude, wenn es die lange weißgekleidete Gestalt von Hajo war. Zu begreifen, dass es vielleicht noch nicht zu Ende ist.

In Vegas erwartete uns dann ein Wolkenbruch biblischen Ausmaßes. Hier hat die Sommer Monsoon Season begonnen und die Las Vegas Area leidet abwechselnd unter Waldbränden (Blitzeinschlag) und Wasserfluten. Begleitet von krachendem Donner und peitschendem Regen haben wir versucht, uns im Hotel wieder auf die Zivilisation vorzubereiten und unsere Sachen so zu packen, dass sie der Zoll nicht als Biowaffe konfisziert. Morgen abend geht dann der Nachtflug nach Hause und ein großes Abenteuer geht glücklich zu Ende.

Ich möchte mich von Herzen bei allen meinen Lesern bedanken. Dieser Blog hat weitere Kreise gezogen, als ich erwartet hatte. Es gab unglaublich viele positive Rückmeldungen und viele Menschen haben Hajos Reise nach Badwater interessiert verfolgt. Die Masse der Glückwünsche und lieben Worte in den letzten Tagen hat mich sehr berührt.

Hiermit verabschiede ich mich von allen, die meine Sicht auf dieses Abenteuer begleitet haben. Irgendwo wartet das nächste...

Donnerstag, 18. Juli 2013

"Endlich mal ein Lauf, bei dem man nicht frieren muss..." - Der lange und heiße Weg zum Buckle



Wir haben den Buckle nach Hause gebracht!!!

Was für ein Lauf, was für ein unauslöschliches Erlebnis und alle haben wirklich alles gegeben. Wir sind sehr berührt davon dass so viele liebe Menschen unseren wilden Ritt durch den Glutofen verfolgt und mitgefiebert haben. Danke für die vielen Glückwünsche und Grüße, Hajo musste sich erstmal ausschlafen und ordentlich essen, wird sich aber nach und nach melden.

Als wir am Montag morgen an der Startlinie standen und der Countdown begann, war das schon ein sehr bewegender Moment. Der Lauf startet an einem Salzsee, mitten in einer wunderschönen Wüstenlandschaft und es war unglaublich, all diese Läufer zu sehen, die zur "world's toughest footrace" bereit waren. Die Crew standen mit den gekennzeichneten Versorgungsfahrzeugen bereit, voll mit Eis, Essen, Wechselklamotten, Handtüchern und allen in wunderschön gestalteten Teamshirts.

Die ersten 68 km waren die heißesten, das Quecksilber zeigte in Stovepipe Wells 50°C und Hajo ist jeden Meter, jeden Anstieg gelaufen, leicht und locker und glücklich. Wir haben jede Meile auf ihn gewartet und ihn mit Eiswasser besprüht, Wasser gegeben und nach seinen Wünschen gefragt. Alle drei Meilen hat er etwas gegessen und ein kaltes Handtuch auf den Kopf bekommen. Die Hauptschwierigkeit war, keine der Nationalpark-Regeln zu verletzen und es waren viele "Race Officials" und Ranger unterwegs, die uns genau im Auge behalten haben. Keines der Versorgungsfahrzeuge durfte auf der Straße parken, der Läufer durfte nur von links begleitet oder versorgt werden, alle Auto mussten mit Licht fahren und viele andere Regeln, die ich euch ersparen möchte.


Die spektakuläre Landschaft hat uns die ganze Zeit fasziniert und mit Julia und Jens hatte ich auch Mitstreiter, die trotz der Hitze ein Auge dafür hatten. Julia hat viele wunderbare Fotos gemacht, die einen guten Eindruck davon vermitteln, was für ein magischer Ort dieses Death Valley ist. 

In Stovepipe Wells haben wir Eis und Getränke nachgefasst und dann begann der erste lange Anstieg auf den Towne Pass. Er zieht sich sehr und es begann ein starker und sehr, sehr heißer Wind von vorne zu wehen. Bei so einem Wind trocknet alles sofort aus, Haut, Lippen, Augen und bei einer 6-7% Steigung sind ca. 50 km/h Windstärke kein Pappenstiel. Trotz dieser Schwierigkeiten ist Hajo gut und zügig auf den Pass (1500m) gekommen und auch wir sind nicht weggeweht worden. 

Nach dem Pass ging es erstmal 15 km bis bis zu 10% Gefälle hinunter und das hat alle Läufer, die noch dabei waren, wieder ins Laufen gebraucht. Es begann ein Ritt durch die Nacht und Hajo hat uns ganz schön in Atem gehalten, kaum hatten wir angehalten, tauchte er schon wieder hungrig und durstig hinter der letzten Kurve auf. In Panamint Springs, der dritten Zeitnahme-Station, war er gut in Form und hat den nächsten Anstieg zum Father Crowley Point in Angriff genommen. Mittlerweile war es tiefe Nacht und die Müdigkeit hat sich bei uns allen gemeldet, aber es war genug zu tun, um ihr nicht nachzugeben. 


Über uns breitete sich ein unglaublicher Sternenhimmel aus und überall in der tiefschwarzen Nacht blinkten wie an einer Perlenkette die Lichter der Läufer und Fahrzeuge vor und hinter uns.. Außer dem leisen Klick-Klick der Warnblinke und einem gelegentlichen leisen Rascheln neben der Strasse, war nichts zu hören, gelegentlich huschte oder keuchte ein Läufer vorbei und nach einer Weile erkannte man alle schon am Atmen.

Am Father Crowley Point war Hajo schon 22 Stunden unterwegs und hatte durch die beiden heftigen Anstiege und den zermürbenden Wind viel Kraft verloren.  Die ersten Magen- und Verdauungsprobleme meldeten sich und wir haben uns viel Mühe gegeben, ihn da ein wenig aufzufangen und die Versorgung darauf einzustellen. An der vierten Zeitnahme-Station in Darwin war deutlich zu spüren, dass sein Energielevel am Boden war. Die Kraft reichte nur noch zum Gehen.

Und kurz nach Darwin war sie dann da, die gefürchtet Krise, die so gut wie jeder Badwater-Läufer kennt. Da war es hilfreich, dass Jens dabei war und geholfen hat, Hajo zu einer längeren Pause zu überreden. Auch ihm hatte das vor zwei Jahren geholfen, wieder ins Rennen zu kommen und neue Energie aufzubauen. Nach etwas Ruhe, einer Behandlung mit Julias heilenden Händen und einem Schuh- und Klamottenwechsel ging es wieder auf die Piste. Wei Hajo sich immer noch schwach und ausgepowert fühlte, hat Jens ihn ab da begleitet und ist in der Hitze selber noch mal einen Marathon gelaufen. Hajo hat dieser Beistand so beflügelt, dass er sogar wieder den größten Teil der Strecke nach Lone Pine laufen konnte. Dort lagen dann 196 km hinter uns und der heftigste Anstieg vor uns.

In Lone Pine hat sich Hajo von der berühmten "Blister Queen" Denise Jones eine Blase am rechten Fuß verarzten lassen und musste noch ein paar Kreislaufprobleme durchstehen, bevor es dann weiter ging. Voll mit Elektrolyten und einer Tüte Pommes, die Julia vom örtlichen McDonalds organisiert hatte, ging es dann auf den letzten und mörderischsten Aufstieg des ganzen Laufs (von 1200m auf 2530m in knapp 20 km).

Diesen Anstieg kann kaum jemand laufen, es wird mit letzte Kraft gewandert. Mittlerweile war wieder Nacht und Julia begleitete Hajo auf den Berg. In dem erschöpften Zustand konnte ihm nichts besseres passieren, als eine trainierte Wallakutten-Elfe mit trockenem Humor an seiner Seite. Das zog ihn hoch wie an einer Schnur und Jens und ich konnten feststellen, dass bei den beiden die Stimmung mit jedem Kilometer stieg.

Oben haben wir dann die letzten Meter über die Ziellinie gemeinsam zurückgelegt und das war ein Moment, den man wirklich nicht mehr in Worte fassen kann. Nach 40 Stunden und 32 Minuten hielt Hajo den Buckle in der Hand und wir hatten unser Ziel erreicht. Jens hatte  sogar noch die Kraft uns alle heil ins Hotel zu fahren, wo wir wie Wackersteine ins Bett gefallen sind.

Das Ausmaß der Erschöpfung ist dann am nächsten Tag noch spürbar gewesen, aber wir haben es rechtzeitig zu einem Monsterfrühstück und zur Siegerehrung und Pizza-Party am Nachmittag geschafft. Diese Veranstaltung hat einen wunderbaren und unvergleichlichen Spirit und jeder einzelne wird geehrt und gefeiert. Sogar die Läufer, die aufgeben mussten, sind dabei und Teil der Badwater-Familie und ich habe selten soviel Herzlichkeit und Anerkennung erlebt, die genauso auch den Crews entgegen gebracht wird. Insgesamt 15 Läufer mussten in diesem Jahr aussteigen, verhältnismäßig viele, vermutlich war der heftige Wind einer der Gründe dafür. Hajo war in diesem Jahr der einzige deutsche Finisher und der erste Berliner überhaupt.

Seine physische und mentale Leistung hat meinen allergrößten Respekt. Die Unterstützung von Julia und Jens kannte keine Grenze und hat einen großen Anteil am Erfolg. Eine bessere Crew konnte es nicht geben, Auch ihnen gehört mein tiefer Respekt und meine Dankbarkeit. 

Julia und Jens sind schon heute nacht aufgebrochen, wir werden uns jetzt noch ein wenig in Lone Pine erholen, bevor wir den Rückweg nach Hause antreten. Dieser führt nochmal durch unser mystisches Death Valley, von dort werde ich mich dann ein letztes Mal melden.




Sonntag, 14. Juli 2013

"Ready to Rumble..." - Morgen geht es los...und wir sind bereit


Wir sind jetzt komplett, haben gestern den Testlauf gemacht und die Versorgungsabläufe geübt. Die Crew ist jede Meile im Einsatz und da nicht viel Zeit dazwischen ist, muss alles gut eingespielt sein. Vom Eismanagement über die Wasserlogistik bis hin zum Schnittchen produzieren sitzt die Choreographie jetzt bestens und wir hatten sogar jede Menge Spass dabei. Julia hatte sogar noch Zeit wunderbare Fotos zu machen und wird das auch während des Laufs tun, so dass wir möglichst viel von diesem wunderbaren Event zeigen können.

Gleich findet der Runner Check-In und das Pre-Race-Meeting statt und wir werden die anderen Läufer und deren Crews treffen. Schon jetzt sieht die Furnace Creek Ranch im Herzen des Death Valley aus wie ein Pfadfinderlager im Sommer. Überall wuchten Menschen riesige Kühlboxen durch die Gegend, die Autos sind mit Namen und Startnummern beklebt und die Luft knistert vor positiver Spannung.

Hajo geht es richtig gut. Die neuen Schuhe haben sich bewährt und auch auch das restliche Material stimmt. Die Erfahrung von Jens ist sehr hilfreich und wir fühlen uns bereit. Was mich besonders freut und berührt, ist dass wir mit Julia und Jens echte Death Valley- Fans an unserer Seite haben. Beide lieben das Tal und die Wüste und haben sich noch kein einziges Mal über die Hitze beschwert. Hajo ist sowieso völlig geflasht und mittlerweile heiß auf den Start morgen früh.

Ich werde mich jetzt während des Laufs vermutlich nur (sehr sporadisch) noch über Facebook melden können. Dies wird dann an Hajos Pinwand passieren.

Für alle, die live mitfiebern wollen, hier die Links:

1) Webcast: http://www.badwater.com

2) Zwischenzeiten und Ergebnisse:
http://dbase.adventurecorps.com/results.php?bw_eid=65&bwr=Go

3) Twitter ( #bw135 ):
http://twitter.com/adventurecorps

4) Facebook:
http://www.facebook.com/badwater135

Ich möchte mich jetzt schon für all die lieben Wünsche und die positive Energie bedanken. Es ist wunderbar zu wissen, dass ihr bei uns seid. Drückt uns weiterhin die Daumen, ihr seid großartig.
Bis bald!

Freitag, 12. Juli 2013

"Hot and magic...." - Von magischer Hitze und heißem Schrecken



Das Death Valley ist ein Ort voller Legenden und Mythen, mit einer ganz besonderen Energie und einer Flora und Fauna, die sich nicht beim ersten Blick erschließt. Seit meinem ersten Besuch dort, vor vielen Jahren, gehöre ich zu denjenigen, die immer wiederkommen und jedes Mal versuchen, ein wenig mehr einzutauchen.

Laut Statistik steigen überhaupt nur ein Drittel der Besucher aus, die meisten fahren einfach nur durch, drehen die Klimaanlage hoch und fotografieren hinter der geschlossenen Scheibe die Temperaturanzeige an der offiziellen Wetterstation. Die, die aussteigen, sehen sich die kleinen Oasen Furnace Creek oder Stovepipe Wells, den tiefsten Punkt der USA in Badwater und die fantastische Aussicht auf die Salzebene in Dantes View an. Und dann gibt es diese Irren, die das Tal laufend durchqueren, in der größten Hitze ihr Letztes geben und dann schwitzend, verdreckt und bis kurz vor der Bewußtlosigkeit erschöpft aber glücklich, ihren Lohn entgegennehmen: die legendäre Gürtelschnalle.

Wir sind seit zwei Tagen im Death Valley und Hajo hat die ersten kleinen Trainingsläufe absolviert, insgesamt 37 km bei bis zu 49° Celsius. Bei beiden Läufen haben wir auch den Support trainiert, der nach genauesten Regeln stattfinden muss und die Lebensversicherung des Läufers ist. Da wir uns sehr gut vorbereitet haben und auch sehr gut kennen, hat alles geklappt und kann jetzt noch optimiert werden. Hajo blüht hier regelrecht auf und erzählt mir bei jedem Stopp von der wunderbaren Aussicht, den Farben, dem warmen Wind und wie glücklich er ist, hier zu sein. Heatman.


Gestern abend hatten wir noch ein kleines Schockerlebnis, als Hajo entdeckte, dass die Sohle seines relativ neuen Laufschuhs (ca. 300 km) hinüber ist. Und zwar so sehr hinüber, dass es nicht in Frage kommt, ihn weiter zu benutzen. Komplett unverständlich, zumal auch der Sieger von 2011 und Zweitplatzierte von 2012, Oswaldo Lopez, einen ganz ähnlichen Schuh der gleichen Marke  trägt und das Argument "..es ist zu heiß für den Schuh..." damit ausfällt. Hajo hat zwei Paar mit, aber es ist ausgeschlossen, mit nur einem Paar anzutreten. Also sind wir kurzentschlossen nach Vegas gedüst (400 km) und haben dort bei RED ROCK RUNNING (super Laufladen!) neue Schuhe gekauft. Der geniale Verkäufer hat die Lage sofort gescannt und Hajo Schuhe verpasst, die "von alleine laufen". Der Testlauf danach auf der Laufstrecke im Valley (16 km) war jedenfalls absolut zufriedenstellend und das Problem scheint vom Tisch.

Morgen kommen Julia und Jens und dann ist die Crew komplett. Die beiden hatten leider etwas Pech mit ihrem Flug, sind ungeplant in Philadelphia gestrandet und werden mit mindestens einem halben Tag Verspätung im Death Valley eintrudeln. Dann werden wir den Einkauf und die Logistik durchgehen und alles im Detail vorbereiten. Jens wird den Badwater-Ultramarathon diesmal unter umgekehrten Vorzeichen erleben, 2011 ist er selbst gelaufen und hatte Hajo und Julia in seiner Crew. Wir hatten bereits Anfang Mai in Berlin die erste Vorbesprechung und schon da hatte ich das Gefühl, dass wir das wunderbar zusammen rocken werden. Da stimmt einfach die Mischung aus Erfahrung, Verantwortungsgefühl und Spass, besser geht es nicht.

Ich melde mich nochmal am Sonntag, mit letzten News und einer Liste der Möglichkeiten, den Lauf zu verfolgen.

Dienstag, 9. Juli 2013

"Bis die Socken qualmen..." - Heißes Training im "Valley of Fire"



Wir sind zurück vom Hitzetraining in der Wüste und die Zivilisation kommt uns gerade etwas fremd vor. Hajo hat inzwischen die ersten Läufe mit bis zu 43 Grad absolviert und es gut gepackt. Im Unterschied zum Training bisher, spielen jetzt Kühlung, Trinken und der Support in kurzen Abständen eine größere Rolle. Der Elektrolyt-Stoffwechsel und der Salzhaushalt müssen genauestens beobachtet und bedient werden und die Flüssigkeitsaufnahme konstant sehr hoch gehalten werden. Beim letzten Lauf kamen so in 3 Stunden 5 Liter Flüssigkeit zusammen, eine enorme Menge, die der Körper da zu verarbeiten hat. Auch das Essen muss bei Hajo konstant gehalten werden und anders, als bei vielen Läufern ist es bei ihm feste Nahrung. Eine Handvoll Nüsse, etwas Obst, ein Powerriegel und die berühmte Stulle, alles geht rein ....

Unter diesen extremen Bedingungen versagen auch viele der gewohnten Mittel und Methoden und müssen neu durchdacht werden. Welche Sonnencreme hält stundenlange, konstante Schweißströme aus? Welche Kleidung erträgt man bei 50 Grad? Wir haben in den letzten Wochen die eine oder andere zusätzliche Antwort gefunden, manchmal aber auch einfach auf unser Improvisationstalent vertraut.


Das Training im "Valley of Fire" hat uns gut vorbereitet. Der kleine State Park liegt nur 100 km von Las Vegas entfernt und ist ein außergewöhnliches und sehr beeindruckendes Wüstental. Der Name kommt von den tiefroten und bunten Felsen, die es durchziehen und bei Sonnenauf- und untergang ein loderndes Farbspektakel veranstalten. Es ist nicht so extrem wie das Death Valley, aber auch sehr trocken und heiß und bietet für Hajo ideale Trainingsbedingungen.

Heute abend nehmen wir Abschied vom Wohnmobil, das uns die letzten drei Wochen beherbergt hat. Die letzte Tour führte uns am Lake Mead entlang, dem gestauten Colorado River, die Lebensader für das energiehungrige Las Vegas. Dieser tiefblaue See mitten in der Wüste, hat etwas Unwirkliches, die riesige Wasserfläche wirkt fast obszön. Und dann taucht, mitten im Nichts, das grelle, riesige, bunte Vegas auf, mit einer Million dröhnenden Klimaanlagen und lässt die Wüste erscheinen wie ein Spiel.

Wir sind auf einem Campingplatz am Rand der Stadt und packen unsere Sachen. Morgen geben wir das Wohnmobil ab und übernehmen den Minivan, der auch das Begleitfahrzeug während des Rennens sein wird. Und dann, endlich, geht es ins Death Valley....

Donnerstag, 4. Juli 2013

"...und immer schön cool bleiben!" - Von Hitzewellen und Sommerfluten



Nach ein wenig Erholung am und im idyllischen Calf Creek, sind wir sind auf dem Weg nach Süden, zurück nach Nevada und in die Las Vegas Area. Dort ist das Thermometer in den letzten Tagen so hoch geklettert wie noch nie, der ganze Südwesten ist heiß wie ein Backofen. Im Death Valley wurden am Sonntag knapp über 53 Grad Celsius gemessen und das flößt uns doch Respekt ein. Die heißeste Temperatur, die ich selbst dort erlebt habe, waren knapp 50 Grad, allerdings schon vor einigen Jahren. 2011 waren es vergleichsweise "kühle" 47 Grad und stabiles Wetter, etwas, was alles andere als selbstverständlich ist.

Eine weitere Spezialität des Klimas ist nämlich der Summer Monsoon, etwas, was ich bisher eher in den Tropen vermutet hatte. Dieses Wetterphänomen tritt ab Ende Juni bis in den September auf und bringt schwere Gewitter und sintflutartige Regenfälle. Für viele Gegenden im Süden der USA ist er überlebenswichtig, für uns Wüstenwanderer und -läufer ist er jedoch mit allerlei Gefahren verbunden. Bei einem solchen Gewitterregen kann die knochentrockene Erde das Wasser nicht aufnehmen, es stürzt also ungebremst zu Tal und kann manchen Canyon blitzartig und ohne Vorwarnung überschwemmen. Eine solche "Flash Flood" hat im August 2004 das Death Valley überrollt und alles zerstört, was ihr im Weg stand. Danach konnte man für kurze Zeit auf dem sonst knochentrockenen Salzsee Kanu fahren, was auch viele gemacht haben.

Nicht wenige Badwater Ultramarathons hatten mit ganz anderen Problemen als der Hitze zu kämpfen. 1999 zwang ein gewaltiger "Dry Thunderstorm" mit furchteinflößenden elektrischen Entladungen viele Läufer zu einer Pause. 2009 musste das Rennen vorzeitig beendet werden, weil nur 4 Meilen vor dem Ziel ein heftiger Waldbrand im Weg war. Nicht selten sind auch Sand Devils, lokale Sandstürme, die für eine Weile Sicht und Atem rauben. Heiß ist es sowieso immer...

Was ich auch sehr spannend finde, ist der Austausch unter den Teilnehmern in der geschlossenen Facebook-Gruppe. Erstaunlicherweise werden weniger Trainingspläne und Laufstrategien ausgetauscht (was ich erwartet hätte) und statt dessen auch schon mal Fragen erörtert, die einen höheren Unterhaltungswert haben. Die erfahrenen Athleten beschäftigen Fragen von "Womit creme ich mir die empfindlichen Stellen ein?" über "Sind weisse Laufklamotten ratsam?" bis hin zu "Was macht man bei einer Bärenattacke am Mount Whitney?" ist alles dabei. Heute war das Hauptthema die große Hitze und der von vielen erwartete (manchmal auch befürchtete) Temperaturrekord. Aber alle, ausnahmslos alle, sind entschlossen, sich jeder Temperatur auszusetzen und auch in der größten Hitzewelle anzutreten.

Auch Hajos Training geht jetzt in die "heiße Phase", dazu mehr beim nächsten Mal.

Und hier noch der Soundtrack zum heutigen Post ;-)
http://youtu.be/y2he3gF5uSM

Sonntag, 30. Juni 2013

"Wer hoch hinaus will, muss unten losgehen..." - Warum Höhentraining auch den Kopf trainiert


Seit einigen Tagen halten wir uns im Südwesten von Utah auf 2100 m auf und gewöhnen uns an ein Trainieren und Crewen in der Höhe. Zum Thema Höhentraining gibt es viele und auch sehr kontroverse Meinungen. Viele Sportler steigern durch ein gezieltes, wochenlanges Training vor Wettkämpfen in 1800-2500 m Höhe ihre Leistung, andere verzichten darauf und halten das Thema für überbewertet.


Der Grund, warum Hajos Trainingsplan zwei Wochen Höhentraining vorsieht, ist aus meiner Sicht aber etwas anders gelagert. Nennenswerte Höhen kommen bei ihm weder im täglichen Training (Berlin!) noch bei Wettkämpfen vor, da er kein Trail-Läufer ist und somit keine Bergläufe absolviert. Das Laufen in die Höhe ist für ihn also ungewohnt und schlecht einschätzbar. Beim Badwater Ultramarathon liegen die  stärksten Anstiege alle im zweiten Teil und vor allem kurz vor dem Ziel, da geht es  auf den letzten 19,5 km ganze 1450 m hoch. Das Gefühl, in der Höhe zu laufen, die Gewöhnung daran und der Umgang mit möglichen körperlichen Reaktionen darauf, sind also ein sinnvoller Teil der physischen, aber vor allem der mentalen Vorbereitung.

War das Laufen in der Höhe bisher eine Unbekannte mit einem Unsicherheitsfaktor, so ist jetzt durch das erfolgreiche Training, die Gewissheit entstanden, es gut packen zu können. Nach etwas Kurzatmigkeit und ungewohntem Puls am Anfang, hat sich nun alles normalisiert und wir haben festgestellt, dass Hajo sehr gut mit der Höhe klar kommt. Das hat ihm den Kick gegeben, sich die Anstiege noch besser zuzutrauen und gelassen anzugehen. Vieles, was beim Höhentraining zu beachten ist, trifft sowieso auch auf Wüstenläufe zu, z.B. der erhöhte Flüssigkeitsbedarf und die intensivere Sonneneinstrahlung. Hier hatten wir nun das besondere Glück, auf eine Hitzewelle mit viel höheren Temperaturen als gewöhnlich zu treffen, so dass fast alle Läufe bei 33-37 Grad stattfinden konnten. Das waren zwei Fliegen mit einer Klappe und entsprechend zufrieden sind Läufer und Supporter :-))


Die Umgebung und ein Leben, das momentan ausschließlich aus angenehmen Outdoor-Aktivitäten besteht, tun ein Übriges dazu. Momentan halten wir uns im Gebiet des Capitol Reef Nationalparks auf, eine atemberaubende, majestätische Ansammlung von blutroten Steilwänden, Canyons und bizarren Felsskulpturen, die auch wunderbar erwandert werden können. Das ist für mich ein gutes Training, denn natürlich muss auch ich so fit sein, wie es nur geht. Die meisten Ausfälle und ärztlichen Einsätze beim Badwater-Lauf betreffen nicht Läufer sondern Crew-Mitglieder. Bis zu 48 Stunden Dauersupport sind kein Pappenstiel, aber Jens und Julia sind zum Glück nicht nur erfahren sondern auch superfit und ich arbeite dran.

Morgen beginnt die langsame Rückreise in den Süden Richtung Las Vegas. Es ist die dritte und letzte Woche im Wohnmobil und wir werden sie genießen. Hajo fährt die Trainingsintensität etwas zurück und wir werden damit beginnen, uns an Hitze weit über 40 Grad zu gewöhnen. Nur noch zwei Wochen bis zur Startlinie...

Donnerstag, 27. Juni 2013

"...und hinter jeder Biegung ein neues Wunder." - Vom Laufen und Staunen in den Utah State Parks

Seit einer Woche sind wir nun unterwegs und es kommt mir viel länger vor, weil wir so viel erlebt haben. Hajos Strategie ist es ja, erst ein wenig Höhentraining zu machen und dann mit der Hitzegewöhnung zu beginnen. Aus diesem Grund sind wir zuerst von Las Vegas aus Richtung Norden gefahren, auf das Colorado-Plateau und in den Südwestzipfel von Utah.
Nach wunderbaren Tagen in der etwas versteckten Cathedral Gorge ging es nach Cedar City, einer niedlichen Kleinstadt auf 1800m. Da die University of Southern Utah dort einen Standort hat, gibt es nicht nur viel junges Volk und nette Läden, sondern auch einige schön ausgebaute Walking Trails für Läufer, Biker und Skater. Der schönste führt ein ganzes Stück in einen malerischen Canyon hinauf und bot Hajo neben moderatem Höhentraining auch noch einige nette Anstiege. Sein Fazit nach 27 km war so kurz wie aussagekräftig: "Anstrengend. Toll."
Kurz hinter der Stadt liegt ein spektakulärer Felsengrat, Cedar Breaks, mit einem atemberaubenden Wanderweg auf 3200m. Mir ist tatsächlich etwas die Luft weggeblieben, ich habe gelernt, dass ich mich in großer Höhe nicht so wohl fühle, Hajo ist natürlich ungerührt vorangestiefelt, trainiert sein zahlt sich eben aus.
Cedar City hatte aber auch noch eine andere Attraktion zu bieten: einen echten Bäcker mit eigener Backstube. Für einen Stullenfan wie Hajo ist die Brotsituation in den USA immer sehr unbefriedigend, im Wesentlichen gibt es nur labberiges Toastbrot. Dort aber gab es sogar Körnerbrot und himmlische Scones und ich glaube unsere Tüte wog beim Rausgehen mehrere Kilo.

Der nächste Stop war der Kodachrome State Park, so genannt, weil die Felsen dort satte Farbschattierungen in pink-rot-ocker-braun zeigen, die an alte Farbfilme erinnern. Der Name war wohl ursprünglich nur ein Jux, wurde aber von Kodaks Marketingabteilung schnell "autorisiert" und ist bis heute offiziell. Ganz in der Nähe liegt der berühmte Bryce Canyon und schon deshalb fahren wohl viele an Kodachrome vorbei.
Für Hajo bot der State Park wieder eine wunderbare Laufstrecke, auf einem sanft mäandernden schmalen Asphaltband zwischen bunten Felsen. Das Besondere dort sind riesige, steil aufragende Felsnadel, ehemalige Sedimentkanäle in urzeitlichen Geysiren, die stehengeblieben sind, als die Umgebung in Jahrtausenden von Wind und Wetter abgetragen wurde. Jetzt stehen sie da, mächtige Riesen und wirken in dieser archaischen Umgebung trotzdem filigran. Und auch hier hat der Zauber der Umgebung den Füßen wieder Flügel verliehen, 28 km Sightseeing begleitet von schnellen Eidechsen und taumeligen Monarch-Faltern, in optimalen 33 Grad, pures Glück.

Heute sind wir noch ein Stückchen weiter in das Gebiet des Grand Staircase-Escalante hineingefahren. Hier reiht sich eine Bergkette an die andere, wie Stufen in einem Treppenhaus, dazwischen gewaltige Hochtäler und staubige kleine Orte wie Escalante, unserem heutigen Stopp. Trotz der Höhe wird es wärmer, heute fast 36 Grad und ein "Läufchen" von 23 km, schön in der größten Nachmittagshitze, denn das Höhentraining soll ja gleitend in das Hitzetraining übergehen. Escalante hat zum Glück aber auch einen Shady Saloon mit literweise Eistee auf der Veranda, für alle die etwas weniger Bewegungsdrang haben.

Morgen wartet ein Regenerationstag auf uns, mit einer Wanderung in einem versteinerten Wald, einem Besuch in einem Anasazi-Museum und einem mexikanischen Festessen am Ende des Tages, wir feiern unseren 30. Hochzeitstag :-)))

Sonntag, 23. Juni 2013

"Was macht die Eidechse in der Kathedrale...?" - Vom Laufen in wunderbarer Wildnis




In den letzten Tagen durfte ich mich an etwas schon fast Vergessenes erinnern: es gibt ein Leben ohne Internet. Und was für eins! Wir haben herrliche Tage in einem etwas abgelegenen und sehr idyllischen State Park an der Grenze zu Utah verbracht.

Cathedral Gorge ist ein weitläufiges karges Tal, in dem starke Erosionskräfte fantastische Gebilde geschaffen haben, die an gotische Kathedralen erinnern. In einer sonnendurchglühten Wüstenszenerie meint man plötzlich das Strassburger Münster zu erkennen, die Türme von Notre Dame oder die Skulpturenfriese des Kölner Doms. Die roten Steinriesen bieten atemberaubende Anblicke und sind eine traumhafte Laufkulisse!

Hajos Plan sieht zwei Dinge vor: Hitzetraining (nach diesem Frühjahr dringend nötig) und etwas Höhentraining (Badwater geht auf 2530m hoch). Cathedral Gorge bot einen schönen, moderaten Anfang mit 1500 Höhenmetern, 35 Grad, wolkenlosem Himmel und warmem Wind. In zweieinhalb Tagen kamen so 92 km zusammen, mit leichten Füßen und einem dauergrinsenden Hajo. Jeden Tag wurde die Strecke ein wenig länger, staunend beobachtet von Geckos, Wüstenhasen, Koyoten, Klapperschlangen und mir.

Das Leben im Wohnmobil ist angenehm und bietet uns die nötige Freiheit. Wir können bleiben wo und wie lange wir wollen, Pläne spontan ändern und vor allem die Ernährung optimal gestalten. Vor allem letzteres ist wichtig, da Hajo vor dem Lauf auf keinen Fall zu sehr abnehmen darf und deshalb permanent futtern muss. Leider kämpfen wir da an verschiedenen Fronten, aber auch das macht eine eigene kleine Küche einfacher ;-))

Heute morgen sind wir weiter gefahren, nach Utah und in die Höhe. Morgen knacken wir die 3000 Höhenmeter, aber nur mit einer Wanderung, die nächsten Trainingsläufe werden sich knapp über der  2000er Marke bewegen. Ein kleiner Wermutstropfen: nachts wird es ziemlich kühl, aber bald geht es mit dem Hitzetraining los, dann warten die warmen Nächte. Mir persönlich liegt Hitze mehr als Höhe, deshalb freue ich mich auf die echte Wüste.



Mittwoch, 19. Juni 2013

"Easy living..." - Entspannen im Silver State

Mit fast drei Stunden Verspätung sind wir am Montag Abend müde in Las Vegas gelandet. Gleich am anderen Morgen haben wir das Wohnmobil übernommen und sind nach Norden gestartet. 
Das Wetter macht uns glücklich. Um sieben Uhr morgens sind es schon 30 Grad und es ist eine trockene Wärme, die uns ahnen lässt, wie die kommenden Wochen werden. Alles trocknet im Handumdrehen, der Himmel ist immer tiefblau, unser Leben spielt sich draußen ab und Hajo kann seinen ersten Hitzelauf kaum erwarten. Die Nächte sind warm und der Sternenhimmel reine Poesie. Das Leben wird leicht.



    Die nächsten Tage verbringen wir in einem Nationalpark ohne Internet. 
    Ich melde mich danach wieder mit den ersten Laufberichten und Bildern.

Samstag, 15. Juni 2013

"Good vibrations..." - Warum es stark macht, ein Teil von etwas zu sein



In zwei Tagen geht es auf die Reise und wir genießen noch  das schöne Sommerwochenende in Berlin. Hajo ist nach dem kleinen viralen Infekt der letzten Woche wieder fit, so fit, dass er beim 24-Stundenlauf in Frohnau immerhin die 6-Stunden-Distanz laufen konnte. Er macht vorsichtshalber nur die Kurzstrecke, sagt er, es ist eben alles relativ, stelle ich mal wieder fest. Mit 60,8 km ist er am Ende happy und gelöst. Statt Medaille gibt es einen lustigen Hut.
Die gut organisierte Veranstaltung und die vielen lieben Lauffreunde tun ihr Übriges, um eine ihn schöne Verabschiedung in Richtung Badwater erleben zu lassen.

Ich freue mich, ihn in Bestform zu sehen. Dieses Jahr läuft es wirklich gut, keine Verletzungen, eine astreine Motivation, und er scheint sehr gut vorbereitet zu sein. Mich fasziniert die Kraft, die Visionen entwickeln. Sie können wirklich Berge versetzen und Flügel verleihen, und der alte Satz, dass man das tun soll, was man wirklich liebt, wenn man Erfolg haben will, bestätigt sich immer wieder.

In vier Wochen stehen wir am Start von Hajos Traumlauf und es wird mit Sicherheit das härteste Rennen seines Lebens. Natürlich ist ein guter Trainingsplan, richtige Ernährung und professionelle Unterstützung wichtig. Aber es ist vor allem die Kraft der positiven Bilder, die ihn dort hin gebracht haben wird. Wenn er über Badwater und das Laufen im Death Valley erzählt, beginnt er zu strahlen, er sprüht vor Energie, und ich weiß, dass es dieses innere Leuchten ist, das ihn später durch alle Schmerzen und Tiefpunkte tragen wird.


Als ich 2011 als Beobachterin beim Death Valley Ultramarathon war, hat der in den USA lebende Mexikaner Oswaldo Lopez mit 23:41 h gewonnen. Wir drücken ihm und seiner Crew übrigens auch in diesem Jahr die Daumen.

Sein Laufstil und seine super eingespielte Crew haben mir gut gefallen, und weil wir die gleiche Sprache sprechen, habe ich seine Aktivitäten und Posts mit Freude weiter verfolgt. Natürlich ist er ein sehr guter Läufer, das steht außer Frage, aber wirklich beindruckt hat er mich nicht mit seinen Leistungen, sondern mit seiner zutiefst bescheidenen Haltung. Durch Oswaldo ist mir noch bewusster geworden, dass man immer ein Teil von etwas ist, dass die positive Energie von mitfiebernden Freunden eine starke Kraft ist und Kontinente mühelos überwindet. In den letzten Wochen ist uns auf berührende Weise gezeigt worden, wie viele Freunde uns tatkräftig unterstützen, in Gedanken begleiten und die Daumen drücken und wir spüren deutlich wie das trägt.

Danke dafür und für das große Interesse an diesem Blog. Das nächste Mal melde ich mich schon aus Las Vegas.

Und hier noch der Soundtrack zum heutigen Post J

Samstag, 8. Juni 2013

"Einer geht noch, einer muss noch rein..." - Wie man in der Sauna den Stoffwechsel trainiert





Zur Vorbereitung für einen Wüstenlauf gehört natürlich vor allem Hitzetraining. Das ist  im deutschen Sommer  schon unter normalen Umständen schwierig genug, in diesem Jahr aber ein Ding der Unmöglichkeit. Wir bauen dafür eher auf die drei Wochen, die wir vor dem Lauf in Kalifornien und Nevada verbringen werden.

Trotzdem muss der Körper gut und langfristig auf die kommende Ausnahmesituation vorbereitet werden. Die größten Gefahren in der Wüste sind Dehydration und Hitzschlag, Zustände, die nicht nur außer Gefecht setzen, sondern sehr schnell lebensbedrohlich werden können. Die Gegenmaßnahmen sind natürlich Kühlung und Flüssigkeitszufuhr, jedoch wirken die extremen körperlichen Anstrengungen eines Ultralaufs dafür regelrecht kontraproduktiv.

Nach wissenschaftlichen Aussagen kann der menschliche Stoffwechsel über einen fortgesetzten Zeitraum nur einen Liter Wasser pro Stunde verarbeiten. Das ist für diesen Lauf zu wenig und würde das Aus wegen Dehydration bedeuten. Ein Teil des Trainings muss also darin bestehen, die Flüssigkeitsaufnahme zu trainieren. Und damit sind wir beim berühmten Saunatraining, auf das so viele Athleten schwören.



Entgegen der landläufigen Meinung geht es dabei weniger darum, die Hitze auszuhalten, sondern vielmehr darum einen Hitzestoffwechsel zu trainieren. Das bedeutet vor allem, den Körper daran zu gewöhnen, nicht nur mehr als einen Liter Wasser pro Stunde aufzunehmen, sondern diese Menge  auch optimal in den Stoffwechsel einzuschleusen. Unser biologisches System verwendet viel von dieser Flüssigkeit dafür, den Körper herunter zu kühlen. Damit nicht zu viel einfach herausgeschwitzt wird, muss die Crew als unterstützende Maßnahme von außen befeuchten. Der Schweiß alleine würde auch gar nicht ausreichen.


Viele Wüstenläufer tragen deshalb statt Funktionskleidung leichte Baumwolle, da diese länger feucht bleibt und dem Körper hilft, das getrunkene Wasser bei sich zu behalten. Der heiße Wüstenwind trocknet ungeschützte Haut blitzschnell aus, was zusätzlich noch zu Verletzungen führen kann. Die Crew hält die Kleidung permanent nass und muss gleichzeitig sorgfältig darauf achten, dass diese durch die Reibung nicht zu Blasen führt.

Doch zurück zum Saunatraining. In der ersten Phase entkoppelt es die Wasseraufnahme vom Durstimpuls und gewöhnt den Körper an eine kontinuierliche Flüssigkeitsaufnahme. Hajo trainiert bei 90°C und bewegt sich dabei moderat. Nach jeweils 9-10 Minuten folgt eine kurze Unterbrechung von 2-3 Minuten in denen er kalt duscht und trinkt. Gestern kamen in den zwei Stunden Saunatraining vier Liter Flüssigkeit zusammen, die der Körper gut aufgenommen hat. 

Die nächste Phase folgt dann bald unter Realbedingungen.

Fotos: Julia Vieler, Badwater 2011

Samstag, 1. Juni 2013

"Nie den Respekt verlieren..." - Gedanken während der Vorbereitung auf Badwater



In zwei Wochen fahren wir schon in die Staaten und die Vorbereitung läuft auf Hochtouren. Wir haben beschlossen das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden und machen vor dem großen Ereignis noch ein wenig Urlaub. Bevor der Lauf dann am 15. Juli startet, kann sich Hajo schon an das Klima und die Höhe gewöhnen und dann ganz fokussiert antreten.

Badwater ist neben der läuferischen Vorbereitung auch eine logistische Herausforderung der besonderen Art. Nur ein Beispiel: die Verpflegung und der Läufer müssen während des Laufs permanent gekühlt werden und dazu braucht man große Kühlboxen und Unmengen von Eis. Die Beschaffung von Eis in einer der härtesten Wüsten der Welt, muss aber gut geplant werden, denn der Veranstalter stellt zwar eine medizinische Betreuung, aber weder Transporte noch Verpflegung.

Alles muss selbst organisiert werden. Dem (nach vielen Kilometern) empfindlichen Ultra-Magen wird ungewohnte Kost zugemutet, was für jemanden, der seine Kraft zu einem nicht unerheblichen Anteil aus urdeutschen Vollkornstullen bezieht, ein durchaus kritischer Punkt sein kann. Der lange Aufenthalt vor Ort gibt uns die Gelegenheit, alles gut vorzubereiten und Gewöhnungsprozesse in Ruhe anzugehen.

Aus meiner Sicht ist auch die Wüstenerfahrung ein großer Vorteil. Hajo ist schon in der Sonora- und der Mojave-Wüste gelaufen, sogar im Death Valley und zusammen haben wir unzählige Wanderungen dort gemacht. In Gänsehaut-Erinnerung habe ich vor allem die Durchquerung des Grand Canyon und Wanderungen in der Anza-Borrego-Wüste.



Trotzdem kann in der Wüste immer alles passieren und wir begegnen ihr mit großem Respekt.  Das extreme Klima und die schnell einsetzende Dehydrierung können erstaunliche Bewusstseinsveränderungen hervorrufen und nicht wenige Menschen erleben in dieser Umgebung seltsame Visionen. Es gibt Läufer, die von sehr realistischen Begegnungen mit längst verstorbenen Personen berichten, andere beobachten Wettererscheinungen, die es nicht gibt oder unterhalten sich wie Al Arnold, der erste Badwater-Läufer, angeregt mit verschiedenen Tieren, darunter einige, die nachweislich nicht in dieser Region vorkommen.

Das Death Valley hat immer auch Menschen angezogen, die versucht haben, es in die Knie zu zwingen. Das Problem ist, dass das die Wüste nicht interessiert, sie gewinnt immer. Eine tolle Geschichte ist die von Jonathan Newhouse, der 1874 eine Rüstung gegen Hitze und Sonneneinstrahlung erfunden hatte. Sie bedeckte Kopf und Körper und war aus fingerdicken Badeschwämmen zusammengenäht, die über einen Wasserbeutel unter dem Arm und ein Schlauchsystem permanent mit einem Kühlmittel getränkt wurden. Mr. Newhouse wurde zwei Tage später von Indianern tot und steifgefroren in seiner Rüstung gefunden, mitten im glutheißen Valley. In seinen Haaren unter der Mütze war Eis, seine Erfindung hatte zu gut funktioniert, so gut, dass er nicht mehr rechtzeitig aus seiner Rüstung gekommen war.

Kann man die Wüste einfach genießen? Wir glauben: man kann! Mit dem nötigen Respekt, offenen Augen und einer fürsorglichen Crew ;-))