Wir haben den Buckle nach Hause gebracht!!!
Was für ein Lauf, was für ein unauslöschliches Erlebnis und alle haben wirklich alles gegeben. Wir sind sehr berührt davon dass so viele liebe Menschen unseren wilden Ritt durch den Glutofen verfolgt und mitgefiebert haben. Danke für die vielen Glückwünsche und Grüße, Hajo musste sich erstmal ausschlafen und ordentlich essen, wird sich aber nach und nach melden.
Als wir am Montag morgen an der Startlinie standen und der Countdown begann, war das schon ein sehr bewegender Moment. Der Lauf startet an einem Salzsee, mitten in einer wunderschönen Wüstenlandschaft und es war unglaublich, all diese Läufer zu sehen, die zur "world's toughest footrace" bereit waren. Die Crew standen mit den gekennzeichneten Versorgungsfahrzeugen bereit, voll mit Eis, Essen, Wechselklamotten, Handtüchern und allen in wunderschön gestalteten Teamshirts.
Die ersten 68 km waren die heißesten, das Quecksilber zeigte in Stovepipe Wells 50°C und Hajo ist jeden Meter, jeden Anstieg gelaufen, leicht und locker und glücklich. Wir haben jede Meile auf ihn gewartet und ihn mit Eiswasser besprüht, Wasser gegeben und nach seinen Wünschen gefragt. Alle drei Meilen hat er etwas gegessen und ein kaltes Handtuch auf den Kopf bekommen. Die Hauptschwierigkeit war, keine der Nationalpark-Regeln zu verletzen und es waren viele "Race Officials" und Ranger unterwegs, die uns genau im Auge behalten haben. Keines der Versorgungsfahrzeuge durfte auf der Straße parken, der Läufer durfte nur von links begleitet oder versorgt werden, alle Auto mussten mit Licht fahren und viele andere Regeln, die ich euch ersparen möchte.
Die spektakuläre Landschaft hat uns die ganze Zeit fasziniert und mit Julia und Jens hatte ich auch Mitstreiter, die trotz der Hitze ein Auge dafür hatten. Julia hat viele wunderbare Fotos gemacht, die einen guten Eindruck davon vermitteln, was für ein magischer Ort dieses Death Valley ist.
In Stovepipe Wells haben wir Eis und Getränke nachgefasst und dann begann der erste lange Anstieg auf den Towne Pass. Er zieht sich sehr und es begann ein starker und sehr, sehr heißer Wind von vorne zu wehen. Bei so einem Wind trocknet alles sofort aus, Haut, Lippen, Augen und bei einer 6-7% Steigung sind ca. 50 km/h Windstärke kein Pappenstiel. Trotz dieser Schwierigkeiten ist Hajo gut und zügig auf den Pass (1500m) gekommen und auch wir sind nicht weggeweht worden.
Nach dem Pass ging es erstmal 15 km bis bis zu 10% Gefälle hinunter und das hat alle Läufer, die noch dabei waren, wieder ins Laufen gebraucht. Es begann ein Ritt durch die Nacht und Hajo hat uns ganz schön in Atem gehalten, kaum hatten wir angehalten, tauchte er schon wieder hungrig und durstig hinter der letzten Kurve auf. In Panamint Springs, der dritten Zeitnahme-Station, war er gut in Form und hat den nächsten Anstieg zum Father Crowley Point in Angriff genommen. Mittlerweile war es tiefe Nacht und die Müdigkeit hat sich bei uns allen gemeldet, aber es war genug zu tun, um ihr nicht nachzugeben.
Über uns breitete sich ein unglaublicher Sternenhimmel aus und überall in der tiefschwarzen Nacht blinkten wie an einer Perlenkette die Lichter der Läufer und Fahrzeuge vor und hinter uns.. Außer dem leisen Klick-Klick der Warnblinke und einem gelegentlichen leisen Rascheln neben der Strasse, war nichts zu hören, gelegentlich huschte oder keuchte ein Läufer vorbei und nach einer Weile erkannte man alle schon am Atmen.
Am Father Crowley Point war Hajo schon 22 Stunden unterwegs und hatte durch die beiden heftigen Anstiege und den zermürbenden Wind viel Kraft verloren. Die ersten Magen- und Verdauungsprobleme meldeten sich und wir haben uns viel Mühe gegeben, ihn da ein wenig aufzufangen und die Versorgung darauf einzustellen. An der vierten Zeitnahme-Station in Darwin war deutlich zu spüren, dass sein Energielevel am Boden war. Die Kraft reichte nur noch zum Gehen.
Und kurz nach Darwin war sie dann da, die gefürchtet Krise, die so gut wie jeder Badwater-Läufer kennt. Da war es hilfreich, dass Jens dabei war und geholfen hat, Hajo zu einer längeren Pause zu überreden. Auch ihm hatte das vor zwei Jahren geholfen, wieder ins Rennen zu kommen und neue Energie aufzubauen. Nach etwas Ruhe, einer Behandlung mit Julias heilenden Händen und einem Schuh- und Klamottenwechsel ging es wieder auf die Piste. Wei Hajo sich immer noch schwach und ausgepowert fühlte, hat Jens ihn ab da begleitet und ist in der Hitze selber noch mal einen Marathon gelaufen. Hajo hat dieser Beistand so beflügelt, dass er sogar wieder den größten Teil der Strecke nach Lone Pine laufen konnte. Dort lagen dann 196 km hinter uns und der heftigste Anstieg vor uns.
In Lone Pine hat sich Hajo von der berühmten "Blister Queen" Denise Jones eine Blase am rechten Fuß verarzten lassen und musste noch ein paar Kreislaufprobleme durchstehen, bevor es dann weiter ging. Voll mit Elektrolyten und einer Tüte Pommes, die Julia vom örtlichen McDonalds organisiert hatte, ging es dann auf den letzten und mörderischsten Aufstieg des ganzen Laufs (von 1200m auf 2530m in knapp 20 km).
Diesen Anstieg kann kaum jemand laufen, es wird mit letzte Kraft gewandert. Mittlerweile war wieder Nacht und Julia begleitete Hajo auf den Berg. In dem erschöpften Zustand konnte ihm nichts besseres passieren, als eine trainierte Wallakutten-Elfe mit trockenem Humor an seiner Seite. Das zog ihn hoch wie an einer Schnur und Jens und ich konnten feststellen, dass bei den beiden die Stimmung mit jedem Kilometer stieg.
Oben haben wir dann die letzten Meter über die Ziellinie gemeinsam zurückgelegt und das war ein Moment, den man wirklich nicht mehr in Worte fassen kann. Nach 40 Stunden und 32 Minuten hielt Hajo den Buckle in der Hand und wir hatten unser Ziel erreicht. Jens hatte sogar noch die Kraft uns alle heil ins Hotel zu fahren, wo wir wie Wackersteine ins Bett gefallen sind.
Das Ausmaß der Erschöpfung ist dann am nächsten Tag noch spürbar gewesen, aber wir haben es rechtzeitig zu einem Monsterfrühstück und zur Siegerehrung und Pizza-Party am Nachmittag geschafft. Diese Veranstaltung hat einen wunderbaren und unvergleichlichen Spirit und jeder einzelne wird geehrt und gefeiert. Sogar die Läufer, die aufgeben mussten, sind dabei und Teil der Badwater-Familie und ich habe selten soviel Herzlichkeit und Anerkennung erlebt, die genauso auch den Crews entgegen gebracht wird. Insgesamt 15 Läufer mussten in diesem Jahr aussteigen, verhältnismäßig viele, vermutlich war der heftige Wind einer der Gründe dafür. Hajo war in diesem Jahr der einzige deutsche Finisher und der erste Berliner überhaupt.
Seine physische und mentale Leistung hat meinen allergrößten Respekt. Die Unterstützung von Julia und Jens kannte keine Grenze und hat einen großen Anteil am Erfolg. Eine bessere Crew konnte es nicht geben, Auch ihnen gehört mein tiefer Respekt und meine Dankbarkeit.
Julia und Jens sind schon heute nacht aufgebrochen, wir werden uns jetzt noch ein wenig in Lone Pine erholen, bevor wir den Rückweg nach Hause antreten. Dieser führt nochmal durch unser mystisches Death Valley, von dort werde ich mich dann ein letztes Mal melden.