Lange Strecken zu trainieren, ohne im Kreis zu
rennen, ist eine ganz eigene Herausforderung. Im wesentlichen eine logistische.
Um 100 oder 150 km zu laufen braucht es eine sinnvolle (und schöne) Strecke,
gute Verpflegung und Transporte hin und zurück. In der Ultraszene gibt es immer
wieder passionierte Läufer, die mit großem persönlichem Engagement liebevoll
geplante Läufe ausrichten. Das sind Einladungsläufe, für die man sich beim
Veranstalter bewerben kann und für die man dann bei entsprechender Eignung eingeladen
wird.
Ein beeindruckendes Beispiel dafür sind unsere
Freunde Julia und Jens und ihr Team Ronja, die alle zwei Jahre die
anspruchsvolle „Tortour de Ruhr“ ausrichten, ein 230 km-Lauf an der Ruhr, von
der Mündung bis zur Quelle.
Auf der Suche nach einer schönen
Trainingsmöglichkeit für 100 km mit Verpflegung in unbekanntem Gelände, ist
Hajo auf den „Heidschnucken-Ultra“ gestoßen. Er ist eine Premiere und wird von
Elke Bernstorf und Frank Lomott organisiert. Der Kontakt ist schon im Vorfeld
sehr herzlich und familiär und ich merke, dass Hajo anfängt, sich auf den Lauf durch die Heide zu freuen. Die Laufstrecke
führt aus dem südlichen Hamburg zunächst entlang des Radfernweges Hamburg –
Bremen über Vahrendorf durch den Regionalpark Rosengarten. Dann folgt er dem
neu eröffneten Heidschnuckenweg über Buchholz und Handeloh bis zum Wendepunkt
in Wesel. Dort geht es dann auf demselben Weg wieder zurück nach Hamburg.
Was die Freude
ein wenig trübt, ist ein kleiner Temperatursturz, wir kommen am Freitag bei strömenden
Regen und 12 °C in Hamburg an. Unser Neffe und seine Freundin, die uns einen
kuscheligen Schlafplatz angeboten haben, zucken nur mit den Schultern:
„Hamburger Schietwetter eben, nix besonderes“. Am anderen Morgen ist es zwar
immer noch kalt, aber trocken, und Hajo wird vom weltbesten Neffen im
Morgengrauen quer durch Hamburg zum Startpunkt gefahren. Mit ihm starten nur
noch 8 weitere 100 km-Läufer.
Und es wird
eine echte Herausforderung. Hajo ist das „Asphalttreten“ gewöhnt und der Weg
durch die Heide ist über weite Strecken ein echter Trail. Sand, Morast, heftige
Wurzeln, enge Stellen und die ganze Zeit ein eisiger Wind. Der Sinn einer
GPS-Uhr wird schlagartig deutlich, leider hat er keine und läuft nach
Streckenmarkierung und Karte, was automatisch die eine oder andere kleine
Extraschleife einbaut. Am Wendepunkt in Wesel meldet er sich und wir wissen,
dass er deutlich länger als 12 Stunden brauchen wird. Weil dass so ist und weil
man bei solchen Anstrengungen wenigstens gut essen muss, lässt er sich Zeit,
genießt die hervorragende Verpflegung an der Strecke und die nette Betreuung an
den VPs.
Nach 14
Stunden und im Dunkeln ist er dann wieder da, müde und glücklich. „Viel
anstrengender als ich dachte, aber gutes mentales Training...“ Er grinst und ich
weiß, es geht ihm gut. Elke hat wunderbaren Kuchen gebacken, viele Sorten und
die kleine Kuchenschlacht mitten in der Nacht ist was für die Seele. Der
weltbeste Neffe ist wieder zur Stelle und fährt den müden Helden ins warme
Bett. Wieder einen Schritt näher an Badwater.
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