Samstag, 11. Mai 2013

"Mal etwas länger laufen..." - Härtetest beim 24-Stunden-Lauf in München

Aus meiner Sicht hat Hajos Laufbegeisterung seine Passion auch einen besonders netten Nebeneffekt: wir verreisen öfter mal. Zu seinem Vorbereitungsplan für Badwater gehört in dieser Phase auch ein weiterer 24-Stunden-Lauf, sozusagen als echter Härtetest. Ein Härtetest wurde es in der Tat, jedoch ganz anders als erwartet.
Hajo hatte sich einen Lauf im Münchner Olympiapark ausgesucht und da dieser erst um 20:00 Uhr startete, hatten wir eine gemütliche Anreise. Das Wetter war deutlich besser als angesagt und entwickelte sich prächtig, schönes warmes Maiwetter. Der Olympiapark ist sehr weitläufig und abwechslungsreich angelegt, die 2,5 km-Runde ging sogar um einen See herum und bot auch einige Höhenmeter.


Was mir bei Ultra-Laufveranstaltungen immer besonders auffällt (und gut gefällt) ist die besondere , sehr entspannte Atmosphäre unter den Läufern. Je länger die Strecke, desto cooler und netter die Läufer. Kein Vergleich mit der Hektik eines Marathons. Auch der Drang zur Selbstdarstellung und zum egoistischen Durchboxen fehlt, dafür dominiert Hilfsbereitschaft und die gemeinsame Freude an der eigenen und fremden Leistung. Bei Marathons hatte ich manchmal das Gefühl, dass es für viele nur darum geht, einen vorweisen zu können, bei Ultra-Läufen trifft man die, für die, für die das Laufen zum Lebensgefühl geworden ist. Natürlich ist die Bandbreite bunter und schräger Vögel auch deutlich größer, aber dazu ein andermal.
Wir haben auch in München wieder nette alte Bekannte und neue Freunde getroffen. Mit Hajo hatte ich vereinbart, dass ich die ersten Stunden nach dem Start dabei bin, mich in der Nacht einige Stunden schlafen lege und dann am frühen Vormittag wieder dazukomme, um die schwierigere zweite Hälfte zu supporten.
Schon bevor ich ging, hatte ich den Eindruck, dass die Organisation des Laufes nicht besonders kompetent wirkte. Die Absperrungen und Leitsysteme wirkten dilettantisch und es waren kaum Ordner zu sehen, was in einem von extrem vielen Skatern, Bikern, Spaziergängern und Joggern gleichzeitig genutzten Gelände sehr unglücklich war. Wirklich besorgniserregend kam mir jedoch die Verpflegungssituation vor, die im Wesentlichen aus Wasser, Erdinger alkoholfrei und wenigen Käsebrothäppchen bestand. Zu diesem Zeitpunkt ging ich jedoch noch davon aus, dass sich das in der laufenden Veranstaltung noch verbessern würde.
Kurz nach dem Aufwachen rief mich Hajo an und erzählte mir, dass es ihm nicht besonders gut ginge, er fühle sich kraftlos und etwas schwindlig. Das kam mir seltsam und untypisch vor und es kam raus, dass es in der Nacht kaum etwas zu essen gegeben hatte und er sich seine paar Riegel und Stullen einteilen wollte. Wir vereinbarten, dass er erstmal ordentlich essen sollte und ich rückte so schnell es ging mit massenhafter (am Feiertag trickreich organisierter) Verpflegung und ordentlichen Getränken an.
Und siehe da: wer gut isst, kann gut laufen. Das Tief war bald überwunden und dank "Kraft durch Stulle" war Hajo in der Lage bis zum Ende durchzulaufen.



Allerdings nahmen die Organisationspannen kein Ende. Direkt nach dem Startbereich, in dem auch die Staffelübergabe stattfand, liefen Fußgänger kreuz und quer über die Laufstrecke, fuhren Radfahrer Läufern über die Füße und am Ende wurden auch Autos, LKWs und sogar ein Tieflader über die Strecke gelenkt, manche Situationen waren richtig gefährlich. Es gab weiterhin nur spärliche Verpflegung und niemand war bereit, sich die Sorgen der Läufer oder Betreuer anzuhören.
Das Wichtigste für mich war jedoch zu sehen, wie stark Hajo sich fühlte und wie gut er durch die 24 Stunden gekommen ist. Am Ende waren es ungefähr 175 km (noch nicht mal die Rundenzählung funktionierte fehlerfrei), aber das war nicht das Ausschlaggebende, sondern zu sehen, dass er fit ist, sich nicht von schwierigen Situationen unterkriegen lässt und es schafft, ganz bei sich zu bleiben.
Jetzt geht es noch ein paar Tage in die Alpen, Läuferbeine und den Supporter entspannen ;-)

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